Es liegen aufregende Wochen hinter Svenja Jungo, die junge Ringerin aus Heitenried, erlebte in den vergangenen Wochen ein wahres Wechselbad der Gefühle. Der Corona Pandemie geschuldet wurden die kompletten Jahreshighlights innert kürzester Zeit ausgetragen, eine Herausforderung sondergleichen.
Rückblick: Vor 5 Wochen fanden in Bulgarien die Europameisterschaften der
Kadetten statt. Mit einer hervorragenden Leistung konnte sich die Athletin der Ringerstaffel Sense die Bronze-Medaille sichern. Dann, gerade einmal 2 Wochen später, trat sie in Dortmund bei der
Junioren EM an und verlor unglücklich bereits ihren ersten Kampf und das Turnier war vorbei, bevor es richtig angefangen hatte. Wie waren diese beiden Ergebnisse also einzuordnen? Die Weichen für
die ambitionierte Ringerin wurden bereits vor 2 Jahren gestellt, als sie in der leichteren Gewichtsklasse bis 46kg an der EM in Italien bereits Silber gewinnen konnte und ihr Potenzial
zeigte.
Nun also ging es nach Budapest. Der erste Auftritt an einer Weltmeisterschaft. Gewichtsklasse bis 49kg in einem Starterfeld von 17 Teilnehmerinnen.
Die Auslosung ergab den Turnierbeginn im 1/8 Final, ihre Gegnerin: Fabiana Rinella aus Italien.
Svenja war bereit: „Ich werde alles geben! Ich freue mich riesig auf morgen und kann es kaum erwarten.“
Allerdings ist die erste Hürde vor einem Wettkampf noch vor dem eigentlichen Start zu nehmen, denn das Gewicht muss passen. „Ein bisschen was muss noch runter,
einmal mit dem Schwitztrainer und dann ist gut“, meinte Svenja am Tag vor dem offiziellen Wiegen. Zusammen mit ihrem Nationaltrainer Sascha Golin und Sparringpartnerin Annatina Lippuner
(Oberriet-Grabs) war das kein Problem und der erste Stein auf dem Weg zum Erfolg konnte beiseite geräumt werden.
Dann konnte es losgehen, Svenja startete gut in den Kampf, konnte die ersten Punkte machen, doch die Italienerin glich noch vor der Pause aus, ging in der zweiten
Hälfte sogar in Führung. Unbeeindruckt ob der Gegenwehr ihrer Kontrahentin holte Svenja 1min vor Ende zum finalen Angriff aus, zog einen Hüfter und schulterte ihre Gegnerin...Turnierstart
geglückt.
Im 1/4 Final war ihre Gegnerin die Rumänin Delia Gabriela Voiculescu. Es sollte ein an Spannung kaum zu übertreffender Kampf werden. Nach einer Überführung in die
Bodenlage ihrer Gegnerin und einem eigenen step out ging es mit 2:1 in die Pause. In der zweiten Hälfte konnten sich beide Athletinnen neutralisieren und ließen keine Punktverluste zu, doch da
gegen Svenja eine Passivitätszeit ausgesprochen wurde stand es 10sec vor Schluss 2:2, ihre Gegnerin versuchte noch einmal alles, doch ohne Erfolg und so zog Svenja dank der höheren Wertung ins
Halbfinale ein.
Am Abend ging es also um den Einzug ins Finale. Audrey Rae Jimenez aus den USA konnte all ihre bisherigen Kämpfe frühzeitig und ohne eigenen Punktverlust
gewinnen. Doch Svenja konnte sich am Nachmittag auf ihre Gegnerin einstellen und war vor der angriffsstarken Amerikanerin gewarnt. Was dann im Kampf geschah, war Werbung für den Ringsport. Beide
Athletinnen gingen mit offenem Visier und ohne jeglichen Versuch von taktischen Spielereien in den Kampf. Hier war klar, beide wollen den Finaleinzug und waren bereit, alles dafür zu geben, beide
wollten kämpfen, beide gewinnen, keiner den anderen zur Ruhe kommen lassen. Den ersten Angriff der Amerikanerin nach 3 Sekunden konnte Svenja spektakulär auskontern, keine 5sec nach Wiederanpfiff
setzte ihre Gegnerin erneut zum Versuch an, wieder eine herausragende Verteidigung und der erneute Punktgewinn. Jimenez war gewarnt, so einfach wie in den Kämpfen zuvor wurde es hier nicht
gemacht. Kurz vor der Pause war dann doch ein Angriff erfolgreich und Svenja blieb somit eine 4:2 Führung. Allen Zuschauern war klar, bei diesem Ergebnis wird es auf keinen Fall bleiben. Einen
erneuten Blitzstart konnte Svenja im zweiten Durchgang nicht abwehren und so stand es 4:4, nun musste etwas von Svenja kommen, sie lang erstmals in diesem Kampf zurück. Und es kam etwas, es kam
etwas Großes. Svenja blieb cool, sie hatte die Zeit im Blick, wusste, ein Angriff genügt, aber dieser musste sitzen. 1min vor Ablauf der Zeit war es soweit, Svenja setzte zu ihrer
Lieblingstechnik an. Aus der Mattenmitte heraus kam ein Doppelbeinangriff, mit dem sie Jimenez vom Mattenboden abhob und rücklings auf die Schultern beförderte. 4 Punkte! Zwar musste sie im
Anschluss noch einmal eine 2er Wertung abgeben, doch das war nur noch Ergebniskosmetik.
Svenja hatte es geschafft. Sie stand als erste Kadettin in der Geschichte des schweizerischen Ringsports in einem WM Finale und die Medaille war ihr damit sicher,
was für eine Leistung.
Nun stand erst einmal Regeneration an, das Finale wurde am nächsten Abend ausgetragen. Also nochmal auf das Gewicht achten, dass es beim morgendlichen Wiegen
nicht zu einer Disqualifikation kommt, Gedanken ordnen und dann noch einmal volle Konzentration auf den letzten Kampf.
Man kann es vorweg nehmen, die amtierende Europameisterin Mariia Yefremova aus der Ukraine war an diesem Turnier eine Klasse für sich. Sie konnte nach ihren 4
Kämpfen eine Bilanz von 40:0 Punkten aufweisen, auch für Svenja war diese Hürde leider noch zu groß und sie unterlag trotz engagiertem Auftritt der verdienten Weltmeisterin klar. Fazit: „Die
Niederlage zeigt mir, dass es noch einiges zu tun gibt. Ich werde weitermachen!“
Wir sind uns sicher, das wird sie. Wer Svenja kennt weiß, dass sie aus jeder Niederlage stärker zurück kommt und noch härter trainiert um ihren Zielen Stück für
Stück näher zu kommen. Vergangene Woche hat sie einen Schritt mit Siebenmeilenstiefeln gemacht!
Auch der Präsident der Ringerstaffel Sense, Dario Decorvet, resümiert: „Die Silbermedaille an der Kadetten WM hat sich Svenja mit akribischer und harter Arbeit
verdient. Der Weg, den sie eingeschlagen hat, ist sicherlich nicht immer der Einfachste, dank solcher Momente zahlt er sich für sie aber sicher aus. Die ganze Ringerstaffel Sense ist sehr stolz,
dass Svenja eine von uns ist und wir gratulieren ihr zu dieser super Leistung.“